Kinderpsychopathologie
Pathologie der Selbststeuerung im Schulalter:
Kindergarten / Einschulung:
Normale Selbststeuerung:
- Lernt sich einzufügen. Wechsel zwischen Aktivität und passiver Aufmerksamkeit (z.B. zuhören bei Geschichten).
- Gleichzeitig intellektuell und sozial schulreif.
- Rasch wachsendes Ziel- und Aufgabenbewusstsein. Lernt still zu arbeiten, antwortet auf Fragen, kann abwarten.
Verzögerte Selbststeuerung:
- Eigenwillig, kann nicht zuhören, stört bei besinnlicher Gruppenstimmung.
- Bei guter Intelligenz sozial oft unreif, häufig missglückter Einschulungsversuch.
- Trotz Verständnis für Arbeitsziel und Aufgabenkein angemessenes Verhalten. Unkonzentriert und ablenkbar. Ruft oft dazwischen, steht plötzlich auf, geht unbegründet umher, kann schlecht stillhalten und warten.
Schulalter:
Normale Selbststeuerung:
- Zunehmend ordentliche Heftführung, saubere Schrift.
- Bei Wiederholung von Arbeiten formal besseres Ergebnis.
- Lernt sich besser Zusammenzunehmen.
- Prüfungsarbeiten im gleichen Fach mit ziemlich konstanter Leistung.
- Gedächtnis auch für abstrakte "Einzelheiten" immer besser.
- Im Turnen wendig und bewegungsfreudig.
- Basteln: geschickt, Freude am eigenen Werk.
Verzögerte Selbststeuerung:
- Schmierige Heftführung, schlechte Schrift (Feinmotorik).
- Bei Wiederholung oft schlechteres Ergebnis (rasche Ermüdung).
- Ungeduldig mit Arbeit und sich selbst, flüchtig. Scheint zu verstehen, aber nicht zu wollen, kann sich nicht "Zusammennehmen".
- Prüfungen unausgeglichen, Leistungsabfall während der Arbeit (Konzentrationsabfall).
- Schlechtes kurzfristiges Gedächtnis, schlechte Merkfähigkeit (z.B. kann Zwischenergebnis nicht im Kopf behalten).
- Turnen: oft hölzern, wird ausgelacht (Körperschema / Grobmotorik).
- Basteln: unsaubere Arbeit, langsam (Feinmotorik), Misserfolge.
Soziale Faktoren der individuellen Entwicklung
- Bei Eltern haben sich psychische Störung(en) oder Deliquenz als deutlich belastend für die Entwicklung des Kindes erwiesen.
- Elterliche Disharmonie stellt wahrscheinlich einen der ausgeprägtesten, insolierbarsten Belastungsfaktoren für kindliche Entwicklung dar, insbesondere wenn sie dem Kind nicht offengelegt werden.
Soziale Bereiche, die die individuelle Entwicklung beeinflussen
Familiärer Bereich:
Eltern:
- berufliche Tätigkeit
- Persönlichkeitsstruktur
- allfällige Erkrankungen
- Bewältigungsstile
- Erziehungsstil
- Paarbeziehung (Disharmonie, Scheidung, Wiederverheiratung...)
- Sozioökonomische Aspekte (Rasse, Religion, Diskriminierung...)
- Anzahl Kinder, Altersunterschied (weniger als 2 Jahre Altersunterschied kann Risiko sein)
Ausserfamiliärer Bereich:
Schule:
- Fluktuationsrate von Lehrern und Schülern
- Klassengrösse
- Anteil Immigrantenkinder
Soziales Netz:
- der Eltern (Verwandte, Freunde...)
- der Kinder (Gleichaltrige)
- Medien (TV, Video, PC...)
- Sozioökonomische Lebensbedingungen (Stadt, Land, Art des Wohnquartiers...)
Entstehung von psychischen Störungen
Es sind individuelle (biologische, psychische) sowie soziale Faktoren (bio-psycho-soziale Betrachtungsweise) miteinzubeziehen. Diese Dimensionen müssen in ihrer Interaktion über die Zeit gesehen werden (Entwicklungspsychopathologie) und sowohl Risikofaktoren wie Ressourcen umfassen.
Gegenüberstellung von Pädagogik und Psychotherapie
Zielvorstellung: Erziehungsstil Therapieziel
Zielrichtung: prospektiv (vorausschauend) retrospektiv
Mittel: Vorbild, Führung, Korrektur Assoziation und Interpretation
"Material": Realtität > Phantasie Phantasie > Realität
Beziehung: Nähe > Distanz Distanz > Nähe
Bez.dauer: unbegrenzt mit Bez.wandel vorübergehend
Einfluss: grundsätzlich immer Therapiestunde
Erlebnisgestaltung: zentral event. als Therapiemittel
Umwelt: Sozialisation > Introspektion Introspektion > Sozialisation
Wertung: vorgegeben relativiert
Vermittlung von
Lebenstechniken: wichtig peripher
Sprache: realtitätsbezogen oft Symbolcharakter
Kommunikation: direkt Metakommunikation
Kreativität: Ergebnis wichtig Prozess wichtig
Psych.
Widerstände: oft notwendig meist aufzulösen
Emotionen: integriert oft im Vordergrund
Autonomie: äussere Autonomie oft primär innere Autonomie primär.
Zusammenfassung n. Herzka, Buch Kinderpsychopathologie