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Kommunikationsstörung Mutismus



Definition Mutismus
Die Sprachhemmung oder das Schweigen nach erfolgreicher Sprachentwicklung.

Man unterschiedet zwischen elektiven und dem totalen Mutismus:

Elektiver Mutismus - Das Kind spricht nur in bestimmten Situationen oder zu bestimmten Personen. Es entscheidet sich selbst, wann es sich verbal äussern möchte. Häufig wird in der Familie gesprochen und ausserhalb der Familie ist keine Kontaktaufnahme möglich.

Totaler Mutismus - Es besteht eine völlige Kommunikationshemmung, in der weder innerhalb noch ausserhalb der Familie gesprochen wird. Der totale Mutismus kann z.B. durch ein seelisches Trauma oder durch eine psychiatrische Grunderkrankung (z.B. Psychose, Depression) ausgelöst werden. Es fehlen Lautäusserungen jeglicher Art, die in einer Diagnose zur Fehldiagnose von Autismus oder geistiger Zurückgebliebenheit führen können.

Mutismus tritt in der Regel mit dem Eintritt in den Kindergarten auf, es kann sich aber auch erst beim Schuleintritt, in der Pubertät oder im Erwachsenenalter äussern. Besteht die Störung länger als 4 Wochen, kann eine Diagnose gestellt werden, nach einer Dauer von 6 Monaten spricht man klinisch von einer Chronifizierung. Die Störung tritt bei Mädchen häufiger als bei Jungen auf.

Wichtige Kriterien für eine Diagnose des elektiven oder des totalen Mutismus:
- Es muss in definierbaren Situationen ein Schweigen auftreten, während in anderen Interaktionen ungehemmt gesprochen wird.
- Es dürfen keine Schädel-Hirn-Verletzungen oder neurologische Erkrankungen vorliegen.
- Es muss eine vollzogene Sprachentwicklung beobachtet werden können.

Weitere wichtige diagnostische Schritte sind:
- Neurologische Untersuchungen
- Erhebung des Kindes und Familienanamnese
- Psychologische Interpretation
- Sprachtherapeutische Diagnostik

Elektiver Mutismus verbgindet sich häufig mit Entwicklungsverzögerungen auf anderen Gebieten. Die sprachliche Entwicklung kann beeinträchtigt sein und zusätzlich können die mutistischen Kinder weitere jugendpsychiatrische Störungen, wie z.B. Enuresis entwickeln. Innerhalb der Familien von elektiv mutistischen Kindern findet man oft psychiatrische Auffälligkeiten.

Mutistische Kinder neigen oft zu einer Dominanz- und Kontrollsucht. Dies kann sich in folgenden Punkten äussern:
- Durchsetzungsfähigkeit bzw. Zentrierung ihrer Bedürfnisse und Person (Akzeptanz bis hin zur totalen Verweigerung)
- das Streben nach perfekter Kontrolle (meist auffallend verzögerte Entwicklung in der selbständigen Durchführung der Körperreinigung. Abwehr sich selbst sauber zu machen und Kontakt mit schmutzig machenden Dingen, sichert sich so permanente Fürsorge der Mutter. Es besteht die Tendenz zu narzisstischen Wesenszügen.)
- übertriebene Angst vor angeblichen Gefahren
- übersensibilisierte Angst vor Fehlern (es wird das bevorzugt, was für die eigene Frustrationstoleranz ungefährlich ist = permanente Gewinnchancen)

Ein mutistisches Kind befindet sich nicht in einer Opferrolle, sondern in einer recht mittelpunktsuchenden Ich-Orientierung. Die mündliche Sprachhemmung ist nicht ein Resultat fehlender Kontrollmöglichkeiten, sondern tritt dort auf, wo aufgrund von eingeschränkten Entfaltungsmöglichkeiten nicht nach bewährten Mustern kontrolliert werden kann.

Wo liegen die Ursachen fürs Schweigen?
Zu Beginn der Ursachenforschung sind jene Situationen zu beschreiben, in denen das Kind das Sprechen vermeidet. Als Ursache des Schweigens kommen sowohl psychologische als auch organische Faktoren in Frage.

Psychologische Interpretationsmodelle:
Psychoanalytischer Ansatz:
Das Schweigen wird als neurotische Bewältigungsstrategie eines vorliegenden seelischen Problems oder Konflikts verstanden. Beispielsweise eine Ich-bedrohliche Mutter-Kind-Beziehung oder traumatische Ereignisse. "Schweigen um ein Geschehen ungeschehen zu machen".

Stresstheoretischer Ansatz:
Es werden Umweltereignisse als seelisch äusserst belastend empfunden, es können keine Ressourcen in der Ereignisbewältigung ausgeschöpft oder gar entwickelt werden (z.B. Kindergarten- oder Schuleintritt).

Lerntheoretischer Ansatz:
Schweigen aufgrund angelernten Reaktionsmustern. Wenn durch das Schweigen positive Konsequenzen, wie verstärkte Aufmerksamkeit bzw. Vermeidung von Pflichten ausgelöst werden, wird das Schweigen wiederholt. Das Schweigen kann aber auch nachgeahmt werden.
Lerntheoretische Mechanismen spielen bei der Aufrechterhaltung des Schweigens sowie bei der Entstehung des subjektiven Krankheitgewinns eine zentrale Rolle. 

Milieutheoretischer Ansatz:
Ein Schweigen durch eine wirtschaftliche Notlage der Familie, sprachliche Einwanderungsproblemfelder sowie soziale Kontaktarmut der Familie.


Erklärungsmodelle aus dem organischen Bereich:
Bei den organischen Verursachungsfaktoren sind folgende Verbindungen zu nennen:

Mutismus und Entwicklungsstörungen
Zusammenhang Schweigen und sprachlichen, intelektuellen und motorischen Defiziten.
Mutismus und Psychose
Das Schweigen tritt im Rahmen psychiatrischer Grunderkrankungen wie Schizophrenie, Depression oder bei akuten Erkrankungen des Gehirns auf. Dies kommt vermehrt bei Erwachsenen vor.
Mutismus und Disposition
Das Schweigen wird primär auf genetische Faktoren zurückgeführt.

Was für eine Rolle spielen genetische Anlagen?
Die Praxis zeigt, dass fast in allen Fällen Mutisten aus Familien kommen, in denen schon auf der Ebene der Kindesmutter bzw. des Kindesvaters mindestens ein introvertierter, sozial zurückgezogener, sprachlich gehemmter Elternteil vorzufinden ist. In diesem Fall verweist eine Familienanamnese auf weitere Familienmitglieder mit ähnlichen Auffälligkeiten.
Neben der erblichen Vorbelastung bedarf es häufig einen weiteren Verursachungsfaktor, um das Schweigen entstehen zu lassen (z.B. Angst erzeugende Schulsituationen). Es besteht eine Kombination zwischen familienbiografisch auftretender Sprachhemmung und seelisch belastenden Umweltfaktoren.

(S. Breitenmoser, 2005)
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Elektiver Mutismus

Eine stichwortartige Zusammenfassung aus verschiedenen Kinder- und Jugendpsychiatrischer Schriften:
  • elektiv = freigewählt
  • gekennzeichnet von "nicht-sprechen-wollen". Dies entwickelt sich in der Regel langsam und kontinuierlich.
  • wird als schwerwiegende Beeinträchtigung mit Gefährdung der kommunikativen und schulischen Entwicklung und der sozialen Integration angesehen.
  • Das Erstmanifestationsalter liegt zwischen dem dritten und vierten Lebensjahr bzw. dem sechsten und siebten Lebensjahr (Einschulungsalter).
  • Die betroffenen Kinder werden oftmals bereits vor der Manifestion des Krankheitsbildes als ausgeprägt schüchtern, scheu oder "abkapselnd" beschrieben. --> Vorübergehende mutistische Phasen in Schwelensituationen wie zum Beispiel Einschulung sind bei Kindern häufig. In der Regel gewinnen die Kinder jedoch angemessener Zeit von Minuten bis Stunden Vertrauen und können adäquat antworten.
  • ca. 140 Kinder sind pro Jahr in der Schweiz betroffen. Statistiken (1997) zeigen, dass es bei der Einschulung in der Schweiz bei 5 - 7% der Kinder zu mutistischen Reaktionen kommt, die allerdings nach wenigen Tagen bis Wochen wieder verschwinden. Mutismus wird bei Mädchen etwas häufiger als bei Jungen beobachtet. Elektiver Mutismus kommt bei ca. 0.8% aller Kinder vor und wird deshalb als eher seltene psychiatrische Störung angesehen.
  • Bei Familien entwickelt sich oft kein Leidensdruck. Im Gegenteil es wird berichtet, dass das Kind zu Hause wie ein "Wasserfall" spreche. Allerdings findet man innerhalb der Familie oft psychiatrische Auffälligkeiten.
  • Das Risiko für eine ebenfalls vorhandene komorbide Angststörung ist ausgesprochen hoch: Gemäss Untersuchungen (1997) erhielten alle untersuchten Kinder eine zusätzliche Diagnose "Störung mit sozialer Ängstlichkeit des Kindesalters". 50% hatten weitere Angstörungen, wie zum Beispiel soziale Phobie oder Trennungsangst, diagnostiziert. Ebenfalls werden Ausscheidungsstörungen (vor allem Enuresis) wie auch oppositionelle Verhaltensweisen als komorbide Störungen zum elektiven Mutismus angegeben. Ebenfalls kommt es häufig zu zusätzlichen Entwicklungsverzögerungen, wie zum Beispiel die sprachliche Entwicklung.
  • Intelligenzniveau wird oft als unterdurchschnittlich angegeben.
  • Antidepressive Medikationen wirken oft als unterstützend (Symptomatik = Angststörung). 
  • Besteht die Störung länger als 4 Wochen, kann eine Diagnose gestellt werden. Noch 6 Monaten spricht man klinisch von einer Chronifizierung.
  • Wichtiger Bestandteil einer Behandlung ist die Aufrechterhaltung normaler Kommunikation.
  • prognostisch ist davon auszugehen, dass nur etwas mehr als die Hälfte der Kinder mit elektivem Mutismus langfristig unbefangen und frei sprechen werden. Ebenfalls ist der Verlauf der Störung oft langwierig, eine Symptomreduktion findet oftmals erst nach Jahren statt.
(C. Belz, 1997)
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Wenn Kinder schweigen – Selektiver Mutismus
Erscheinungsbilder, Diagnostik und Therapeutische Zugänge
 
Diagnose – Kriterien
- Selektiver Mutismus ist eine andauernde Unfähigkeit, in bestimmten Situationen zu sprechen (in denen das Sprechen erwartet wird, z.B. in der Schule), wobei in anderen Situationen normale Sprechfähigkeit besteht.
- Die Störung beruht nicht auf fehlenden Kenntnissen der gesprochenen Sprache, die in der sozialen Situation benötigt wird.
- Die Störung dauert länger als 1 Monat (und ist nicht auf den ersten Monat nach Schulbeginn beschränkt).
- (ICD-10) Sprachausdruck und Sprachverständnis, beurteilt in einem individuell angewandten standardisierten Test, liegen innerhalb von 2 Standardabweichungen entsprechend dem Alter des Kindes.
- (DSM-IV) Die Störung behindert die schulischen und beruflichen Leistungen oder die soziale Kommunikation.
- keine tiefgreifende Entwicklungsstörung
(nach ICD-10 / DSM-IV)
 
Zusätzliche Verhaltensmerkmale
- „blanker“ Gesichtsausdruck
- Starre Lippen (kein Lächeln)
- Starrer Blick
- Fehlender Blickkontakt
- Wirkt wie eingefroren, versteinert
- Steifer Körper, angeklemmte Arme, Hände kneten
- Schwierigkeiten, Interaktionen zu initiieren (Begrüssung, Abschied, Dank, Fragen)
- Reaktionen erfolgen verzögert
- Kompensiert das Nicht-Sprechen mit guten schriftlichen Leistungen
- Hohe Sensibilität auf allen Ebenen
- Sorgfältige Beobachtung der Umwelt
- Schwierigkeiten, eigene Gefühle auszudrücken
 
Begleitende Verhaltensauffälligkeiten – Komorbide Symptomatik
(n. Steinhausen & Juzi, 1996)
- Schüchternheit                                             85%
- Ängste                                                            67%
- Depressionen                                              36%
- Schlafstörungen                                          30%
- Enuresis                                                       24%
- Oppositionell-aggressive Störungen      21%
- Essstörungen                                              21%
- Tics                                                                 21%
- Zwänge                                                          19%
- Enkopresis                                                    18%
- Hyperaktivität                                                 17%
 
Häufigkeit
- 3 bis 7 Kinder pro 1‘000
- 1 ½ mal so viele Mädchen wie Knaben, d.h. auf 2 Knaben kommen 3 sel.mut. Mädchen
- bzw. gleiche Verteilung oder Dominanz der Knaben
 
Weitere diagnostische Fragen zur Verhaltensbeschreibung
- Topographie des Sprechens und Schweigens (Zuhause, Verwandtschaft, Nachbarschaft, anonyme Umwelt, schulische Umwelt/Schulklasse, räumliche Umwelt)
- Welche nonverbalen Mittel setzt das Kind ein? (z.B. Nicken und Kopfschütteln, Lächeln, Verweis durch Zeigen usw.)
- Hält das Kind Blickkontakt? Wenn ja: wann und mit wem?
- Wie kann das Kind seine Ziele erreichen?
- Reagiert das Kind angemessen auf Anweisungen?
- Was kann das Kind besonders gut?
- Was bewirkt das Kind mit seinem Schweigen?
- Wie reagiere ich, wie andere auf das Nicht-Sprechen?
 
Ursachen des Schweigens
Individuelle Faktoren:
-Schwangerschaftskomplikationen
- Geburtskomplikationen
- Krankheiten im Säuglingsalter, z.B. Fieberkrämpfe, Erkrankung der Atemwege
- Traumatisierende Einzelereignisse (Unfall, Verlusterlebnisse, Gewalterfahrungen usw.)
- Anlagebedingte Schüchternheit / Familienanhäufung kommunikativ gehemmter und sozial zurückgezogener Personen
- Verzögerte motorische Entwicklung
- Verzögerte Sprachentwicklung
Soziale Risikofaktoren:
- Migration und Zwei- bzw. Mehrsprachigkeit
- Emotionaler Stress / Zweifel der Mutter während der Schwangerschaft
- Häufig wechselnde Bezugspersonen
- Plötzliche Trennung von den Eltern, z.B. durch längere Krankenhausaufenthalte
- Perfektionismus und Überbehütung durch die Mutter
- Häufig wechselnde Wohnorte und Spielkameraden
- Wohnen in abgelegenen Gegenden, daher wenig Aussenkontakte der Familie
Neurobiologische Prozesse:
- Destabilisierung neuronaler Verschaltungen: verminderte Ausschüttung der Hirnbotenstoffe Noradrenalin und Serotonin; vermehrte Produktion des Nebennierenhormons Cortisol
 
Leitlinien zum Umgang mit schweigenden Kindern
- Das Schweigen nicht persönlich nehmen!
- Das Schweigen kann nicht willentlich unterlassen werden, da es über Jahre hinweg entwickelt und aufrecht erhalten wurde.
- Grundsätzliche Akzeptanz des So-Seins bzw. der aktuellen Sprechverweigerung und das Geben von Hilfestellung.
- Nicht zum Sprechen auffordern oder drängen. Dennoch niederschwellige Sprechanlässe suchen und dem Kind zumuten, kleine Sprechanforderungen zu bewältigen.
- Akzeptanz und Ausgleich des Dilemmas zwischen:
Druck bzw. Zwang zum Sprechen ß à übermässige Fürsorge im Sinne von Verständnis und Akzeptanz des Schweigens.
- Stellen Sie das Kind nicht in den Mittelpunkt!
- Heben Sie die erste Äusserung des Kindes nicht, oder höchstens ausserordentlich sensibel hervor.
- Je länger der Mutismus besteht, desto steiniger der Weg, die Mauer des Schweigens zu durchbrechen. Behalten Sie Zuversicht, Gelassenheit, Entschlossenheit durch alle Stagnationen und Rückschlage hindurch.
 
Frühzeitige Therapie!
- Psychotherapie
- Logopädie
- Verhaltenstherapie
- Psychiatrie
- Schulintegrierte Förderung (IF)
- (Familientherapie)
 
 
 
Therapeutische Zugänge und Handlungsoptionen zur Initiierung von kommunikativen Entwicklungsprozessen
 
1. Angstreduzierende Massnahmen
- Kind zunächst nicht zum Sprechen auffordern
- „Safe place“ – Schutzraum gestalten als Ausgangspunkt für Abgrenzung und Beziehungsregulation (Katz 2007)
- Stabilisierungstechniken / Entspannung / Imaginationen (sicherer innerer Ort)
- Regelspiele (nonverbale)
--> Ziel: Vermittlung von Geborgenheit, Selbstvertrauen, Sicherheit
 
2. Kommunikative Zugänge finden – Aufbau der nonverbalen Kommunikation
- Spielformen zur Kommunikation mit dem Körper
- Nonverbale Kommunikation durch Zeichnen und Malen
- Therapeutisches Symbolspiel mit Handpuppen, Tierfiguren, Spielfiguren, Rollenspiel, Sandspiel
 
3. Aufbau der verbalen Kommunikation
3.1 Vom stillen zum gesprochenen Dialog (Bahr 2002)
-->Angebot zur Nachahmung, jedoch noch keine direkte Aufforderung zur Nachahmung
- Gegenübersitzen und Ball zurollen mit:
                         - Geräusche des Ausatmens
                         - Deutlich hörbare Artikulation stimmloser (!) Plosivlaute (p,t,k)
                         - Vokale, die Stimmungen ausdrücken (ei, a, i, o, au)
                         - Klangvolle Silben (um, om, mum, mom, hum, hom, usw.)
 
- Lärmend kommunizieren
                         - Raum mit selbsterzeugten Geräuschen füllen (Geräusch-, Rhythmus-, Klang-
                         Instrumente); z.B. Lärmumzug / Vormachen – Nachmachen von Trommelrhythmen
                         u.a.
 
- Frage-Antwortspiele: einfache durch Einzelwort beantwortbare Fragen
                         - Wie heisst du? / Wie alt bist du? / Welche Farbe hat deine Hose? /
                         Was ist du gerne? / Welches Tier macht miau?
                         --> Mit ansteigender Stufung der Sprechanforderung: Im Herzen denken / Lippen
                         bewegen / leise flüstern / laut flüstern / leise sprechen / sprechen (Katz 2007)
 
- Therapeutin und Kind kommunizieren (Bahr 2002; u.a.)
                         - Über Körpergeräusche, z.B. Fingerschnipsen, Klatschen, Stampfen
                         - Über Instrumente (z.B. durch Wiederholen von Trommelrhythmen oder
                         Tönen auf Xylophon)
                         - Indem sie gemeinsam malen
                         - Indem sie gemeinsam etwas aufbauen
                         - Indem sie gemeinsam etwas kochen oder backen
                         - Indem sie sich mit Hilfe von Symbolkarten mitteilen, wie sie sich fühlen
                         - Indem sie gemeinsam Tierstimmen nachahmen
 
 
3.2 Hierarchie der Sprechorte / Hierarchie der Personen (Katz 2007)
- Das Ausdenken von verschiedenen Sprechorten ist ein desensibilisierender Prozess, der die Angst vor dem Sprechen abstuft und dadurch abbaut
- Wichtige Leitlinien:
                         - Entscheidungshilfen anbieten
                         - Spielerisches Umgehen mit Hierarchien
                         - Therapeutin zeigt Entschlossenheit „es anzupacken“
                         - Therapeutin nutzt die „positive Unterstellung“, dass das Kind es schafft
 
 
3.3 In – vivo Training und Hausaufgaben
- Einkaufen in Bäckerei
- Markenbogen u.a. am Postschalter kaufen
- eine fremde Person nach dem Weg zum Bahnhof fragen
- eine fremde Person nach der Zeit fragen
- usw.
 
 
Interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Psychotherapie – Eltern – Logopädie – Lehrpersonen – Schulische Heilpädagogik (Katz 2007)
- Abstimmung der Zusammenarbeit der einzelnen Fachleute
- Meinungsverschiedenheiten klären und hinreichend guten Konsens anstreben
- Aushalten von uneindeutigen Situationen ohne gegenseitige Entwertungen und Ausspielen
- Case Management (fachliche Ansprechperson, die die verordneten Massnahmen kennt und überblicken kann)
- Supervisorische Begleitung
 
 Dr. phil. E. Meili, Fachpsychologin für Psychotherapie FSP, Vortrag 2013
 
Literatur:
- Bahr, R. (2002). Wenn Kinder schweigen. Düsseldorf und Zürich: Walter.
- Dabslaff, O. (2005). Mutismus in der Schule. Berlin: Edition Marhold.
- Katz-Bernstein, N. (2011). Selektiver Mutismus bei Kindern. Erscheinungsbilder, Diagnostik, Therapie. 3. überarb. Aufl. München: Reinhardt.
- Katz-Bernstein, N.; Meili-Schneebeli, E., Wyler-Sidler, J. (HRSG) (2012). Mut zum Sprechen finden. Therapeutische Wege mit selektiv mutistischen Kindern. 2. Aktualisierte Aufl. München: Reinhardt.
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