Klassische und aktuelle Theorien der Sozialen Arbeit - ein Überblick
Transzendentalphilosophischer Ansatz
Tradition und Inhalt: Ankünpfend an transzendentalphilosophische Überlegungen wird die Sozialpädagogik anfangs gefasst als Willenserziehung und Erziehung zur Gemeinschaft und später als Sozialerziehung.
RepräsentantInnen: P. Natorp, E. Bornemann, G. von Mann-Tiechler
Geisteswissenschaftlicher Ansatz
Tradition und Inhalt: Die Beobachtung der Erziehungswirklichkeit wird beim geisteswissenschaftlichen Ansatz zum Ausgangsort der Theoriebildung; im Kontext dieser Theorie wurde insbesondere schon früh nachdrücklich für eine präventive Grundausrichtung der Sozialpädagogik plädiert.
RepräsentantInnen: H. Nohl, G. Bäumer, E. Weniger, E. Siegel
Marxistisch orientierter Ansatz
Tradition und Inhalt: Soziale Probleme werden ausgehend von der marxistischen Gesellschaftsanalyse als Systemfolgen der modernen Gesellschaft betrachtet und der Sozialen Arbeit wird aufgrund dieser Analyse die Funktion zugesprochen, die unmittelbaren sozialpädagogischen Unterstützungen mit der Frage der Überwindung der kaptialistischen Gesellschaft zu verbinden.
RepräsentantInnen: K. Khela, D. Danckwerts
Emanzipativer, kritisch-materialistischer Ansatz
Tradition und Inhalt: Ausgehend von einer kritischen Gesellschaftsanalyse denkt die emanzipatorische Sozialpädagogik ein Projekt, das neben Hilfe und Unterstützung die Menschen in ihrem Streben nach mehr gesellschaftlicher Partizipation und Selbstbestimmung zu unterstützen wünscht.
RepräsentantInnen: C. Mennicke, K. Mollenhauer, H. Giesecke
Interaktionistisch-phänomenologischer Ansatz
Tradition und Inhalt: Bestimmt wird hier im Kern ein prophylaktisch ausgerichtetes, die interpersonalen Beziehungen ins Zentrum stellendes Modell sozialpädagogischen Agierens; interaktionistische Facetten finden sich heute in verschidenen theoretischen Überlegungen wieder.
RepräsentantInnen: K. Mollenhauer
Psychoanalytisch orientierter Ansatz
Tradition und Inhalt: Über die Theorie der Psychoanalyse inspiriertes Nachdenken über die Funktion, den Ort, die Handlungs- und Reflexionsformen der Sozialpädagogik.
RepräsentantInnen: S. Bernfeld, A. Aichhorn, E. Federn, B. Müller
Systemtheoretischer Ansatz
Tradition und Inhalt: Die vorliegenden Vorschläge einen die Perspektive, dass moderne Gesellschaften sich in unterschiedliche Systeme ausdifferenziert haben und diese mehr oder weniger "autonom" gegenüber anderen Systemen agieren; different zeigen sich die systemtheoretischen Einwürfe bezüglich der Frage, ob die Soziale Arbeit ein eigenständiges, professionelles Subsystem bildet.
RepräsentantInnen: J. Bango, Th. Bardmann, M. Bommes, W. Hosemann, H. Kleve, R. Merten
Bildungstheoretischer Ansatz
Tradition und Inhalt: Menschen im MIttelpunkt sozialpädagogischen Handels stellen, Sozialpädagogik hat auf der Grundlage einer kritischen Gesellschaftsanalyse die Aufgabe, die Subjekte bei ihrer Suche nach einem autonom gestaltbaren, gesellschaftlichen Ort, den sie gestalten können, mittels Bildung zu unterstützen.
Ökosozialer Ansatz
Tradition und Inhalt: Ideen aus den Anfängen der amerikanischen Sozialarbeiterbewegung
(J. Addams) und sozialpsychologische Theoriebestände werden für die Entwicklung eines Umwelteinflüsse beachtenden, auch auf die sozialen Infrastrukturen wirkenden Case-Management Konzepts herangezogen.
RepräsentantInnen: W. R. Wendt
Dienstleistungsorientierter Ansatz
Tradition und Inhalt: Ausgehend von einer gesellschaftsheoretischen Verortung der Sozialen Arbeit als ausdifferenziertes System wird von den Autoren dieses "Paradigmas" die Soziale Arbeit als moderne Dienstleistung definiert und deren disziplinären und professionsbezogenen Entwicklungen kritisch reflektiert.
RepräsentantInnen: Th. Olk, Th. Rauschenbach
Lebensweltlicher Ansatz
Tradition und Inhalt: Anküpfend an phänomenologische, geisteswissenschaftliche, marxistische und alltagssoziologische Theoriebestände ist der Ansatz auf der Basis des Verstehens der Lebenswelt der AdressatInnen sowie der Fragen und Aufgaben der sozialpädagogischen Praxis darauf orientiert, Menschen eine bessere und gelingendere Lebenswelt und -führung zu ermöglichen.
RepräsentantInnen: H. Thiersch, L. Böhnisch
Reflexiver Ansatz
Tradition und Inhalt: Soziale Arbeit wird unter diesem Etikett unterschiedlich gefasst, bei Otto und Dewe beispielsweise als "Reflexionswissenschaft", die sowohl Theorie als auch Praxis zu konstituieren hat; Winkler hingegen bezieht sich deutlicher auf modernisierungstheoretische Analysen und stützt die Beobachtung, dass die Entwicklung hin zu einer reflexiven Gesellschaft geht; L. Böhnisch wiederum favorisiert "Lebensbewältigung" als zentrale Kategorie.
RepräsentantInnen: H.-U. Otto, B. Dewe, M. Winkler, L. Böhnisch, Ch. Niemeyer
Postmoderner Ansatz
Tradition und Inhalt: Soziale Arbeit wird als eine Profession betrachtet, die aus den Ambivalenzen der modernen gesellschaftlichen Entwicklung entstanden ist und damit selbst mit vielfältigen strukturellen Ambivalenzen aufgeladen ist. Diese Ambivalenzen lassen sich weder theoretisch noch praktisch beseitigen; vielmehr ist die Soziale Arbeit als Wissenschaft wie als Praxis dadurch gekennzeichnet, das sie nicht umhin kommt, widersprüchliche und uneindeutige Logiken des Denkens und Handelns konstruktiv und kreativ miteinander zu verknüpfen.
RepräsentantInnen: H. Kleve, J. Wirth, J. Bango
vgl. Werner Thole (2002): Soziale Arbeit als Profession und Disziplin, in: Grundriss Soziale Arbeit, S. 25-36)